Versprechen, Verträge und Regeln

Schreibt Salvatore Satta (1902-1975), ein italienischer Schriftsteller, der mit seinem ersten Roman scheiterte und der daraufhin Jurist wurde und Professor für Zivilprozessrecht, in einem Essay über das Mysterium des Prozesses (S. Satta, Il Mistero del Processo, Piccola Biblioteca Einaudi 324, 2a edizione, Milano: Adelphi 2013):

Queste promesse che gli uomini, paurosi l’uno dell’altro, si scambiano in una carta più o meno solenne sono come le promesse di eterna fedeltà nell’amore: valgono finché valgono, rebus sic stantibus, finché la natura, la passione, la follia non prendono il sopravvento.

bzw. für die des Italienischen nicht Mächtigen:

Diese Versprechen, die sich die Menschen, sich voreinander ängstigend, auf einem Stück Papier mehr oder weniger feierlich geben, sind wie die Versprechen ewiger Treue in der Liebe: Sie gelten, solange sie gelten, rebus sic stantibus, bis die Natur, die Leidenschaft, der Wahnsinn die Oberhand gewinnen.

Schön, nicht? Satta, übrigens, hat auch als Professor weitergeschrieben. Ich meine: richtige Bücher. Aber im Geheimen. Und als er starb, fand sich in seinem Nachlass der Roman “Il Giorno del Giudizio” (auf deutsch erhältlich: Der Tag des Gerichts). Ein Buch, das einen umhaut. Und die Welt klagte. Natürlich. Wie immer. Wir haben ein Genie verloren! (stimmt). Und wussten es nicht! (stimmt nicht).