Verständnis und Sensibilität

Stimmt schon. Mein Fehler. Selber schuld. Aber das ändert eben nichts. Die Frage nach der Schuld beruhigt nur Gartenzwerge. Das Weh wird nicht weniger, wenn wir wissen, woher es kommt und wer es verursacht hat. Unsere Kindheit ändert sich nicht, wenn wir beginnen, sie zu verstehen. Johannes Urzidil (1896-1970) hat das schön formuliert:

Nicht nur für das, was wir tun, auch für das, was uns zustösst, sind wir verantwortlich, und mehr noch als unsere Taten setzen uns unsere verfehlten Nachgiebigkeiten herab.

Die Erklärung des Schmerzes mindert ihn nicht. Das ist das eigentliche Skandalon. Dies ist die eigentliche Wurzel des Schmerzes, der mystische Grund unserer Traurigkeit, unserer Untröstlichkeit: Das Verständnis der Dinge ändert sie nicht. Bessert sie nicht. Mildert sie nicht. Dies ist, was Intellektuelle und Sensible gleichermassen schockiert und ganz und gar sprachlos macht. Weil es ihre vollständige (und ich meine wirklich: vollständige, also jede Faser erfassende und durchdringende) Nutz- und Sinnlosigkeit, ja vielleicht gar Schädlichkeit so offenbar, so überdeutlich werden lässt. Worin könnte der Sinn eines Unternehmens bestehen, das den Schmerz nicht mindert? Es bleibt nur die vage Hoffnung, dass ein nachlässiger Gott uns das Gebrabbel verzeiht.

Nur die Liebe vermöchte, das Weh zu mindern. Wenn überhaupt. Ich fürchte allerdings, ach Rothschild, auch dies sei mehr Wunsch als Wirklichkeit.

Mir gehen die Argumente aus …

Unternehmenskommunikation

Bei der Kommunikation innerhalb von Unternehmen ist bedeutsam, den Mitarbeitenden ein Gefühl der Wertschätzung zu vermitteln. Gelungene Unternehmenskommunikation zeigt den Mitarbeitenden, dass sie nicht nur ersetzbare «Manpower» sind, sondern als Menschen wahrgenommen werden. Ein solcher Eindruck kann z.B. dadurch vermittelt werden, dass Ein- und Austritte in einem periodischen Informationsmedium für die Mitarbeitenden vermerkt werden. Etwa so:

Sven

Verpacktes Seelchen

Ich kann mich quasi “ausziehen”, nicht den Körper, sondern die Seele. Ich kann mich gewissermassen “zulassen”. Doch wenn ich das tue, dann zittert mein Seelchen wie Espenlaub. Da es sich gewohnt ist, mich wie eine Rüstung zu tragen, in deren Dunkel es sich versteckt, gewohnt daran, die Welt nur gedämpft wahrzunehmen, haben es Schärfe und Bitterkeit nicht vollständig vernarbt, ganz weich und dünnhäutig, empfindlich immer noch, wie wir es wohl ursprünglich waren. Überdeutlich nimmt es Verstecktes und Unausgesprochenes wahr, Zuneigung, Vertrauen, Verachtung, Zweifel und Angst. Das Erstaunlichste aber: Mühelos spürt es Nähe auch auf grosse Distanz. Die Luft vibriert. Jeder Hauch ist ein Sturm, jedes Flüstern ein Brüllen. Und Gleichgültigkeit ein scharfes Messer. So zieht es sich bald wieder an, zieht sich in mich zurück. Wo es keiner vermutet.

Robert & Clara Schumann

Zweitausendeins schickt mir heute ein Gedicht von Charles Bukowski (1920-1994), das so wunderbar zu dem passt, was wir hier diskutieren, dass ich es wiedergeben muss. Es handelt von Robert Schumann (1810-1856) und seiner Frau Clara (1819-1896). Politisch-emanzipiert-korrekt wird heute manchmal vorgebracht, Clara sei das grössere Genie gewesen, sie habe ihre Karriere als Pianistin ihrem Mann geopfert und gar, eigentlich habe sie viele der Werke Roberts komponiert. Wenn Du Dir die Lebensdaten dar beiden anschaust, wirst Du wissen, was daran wahr ist. Bukowski aber bringt es auf den Punkt:

1810-1856

Eines Tages stürzte sich Robert
Schumann in den Rhein und sie
steckten ihn in eine Irren-
anstalt. Lebenslänglich.

Seine Frau Clara hielt trotzig
seine Kompositionen unter Verputz
Und verhinderte, daß sie auf-
geführt wurden.

Man könnte meinen, daß sie seine
größte Beschützerin und beste
Kritikerin war. Ich schätze
man könnte alles mögliche
meinen, aber ich bin froh
dass ich heute abend etwas
von Robert höre und nicht
von Clara.

Was wäre mehr zu sagen. Ehrlich und unangenehm wie immer. Wenn Du Bukowski nicht kennst, lies ihn! Seine Kurzgeschichten, z.B. Fuck Machine, oder seine Romane, z.B. den Mann mit der Ledertasche, oder anderes. Kaum je wurde so gut über Sex geschrieben, kaum je wurde Sex so gut geschrieben.

Der Gartenzwerg in mir

Eben war ich in einem Restaurant, in dem es zwei Toiletten gibt, eine für Männer und eine für Frauen. Sie unterscheiden sich nur durch die Buchstaben auf ihren Türen. Gut abgerichtet bin ich in diejenige getreten, die meinem Geschlecht bestimmt wurde. Aber sie war besetzt. Ich wollte erst warten. Dann aber hab’ ich mir ein Herz gefasst und bin ins Frauen-WC, das direkt daneben lag und frei war. Ich habe eine Toilette benutzt, auf deren Tür ein F angebracht war statt eines M. Das ist alles. Aber ich hatte gezögert, hatte einen Widerstand überwinden müssen. Und hernach war ich – es ist mir unangenehm und ein wenig peinlich, das zu erzählen, aber ich will ehrlich sein – ich war ein wenig stolz auf mich. Kaum aber wurde mir dies bewusst, als ich mich auch schon zu schämen begann. Und ein wenig auch zu verachten: Wohin bin ich bloss gekommen? Was ist aus mir geworden? Stolz zu sein auf so etwas? Die Gartenzwerge haben gesiegt, sie sind in mir! Was für eine Schande!