Selfies

Ein schönes Interview im Spiegel mit Valentin Groebner, Professor an der Uni Luzern zu Selfies und Portraits:

SPIEGEL: Von der Illusion des Lebendigen, Echten lebt heute die Fotografie.

Groebner: Ja, da ist etwas, das wir glauben wollen, obwohl jede Erfahrung dem widerspricht – nicht nur unser Erschrecken angesichts unserer eigenen Selfies, sondern beispielsweise auch die Kriminalistik: Von Anfang an war die Verbrecherfahndung mithilfe von Porträtaufnahmen eher enttäuschend. Das überrascht eigentlich nicht: Nirgends im Körper sind so viele Muskeln versammelt wie im Gesicht. Nicht nur, dass wir es willentlich extrem verändern können – es funktioniert als Kommunikationsschnittstelle ja überhaupt nur, weil es beweglich ist. Dass ausgerechnet die Abbildung eines stillgestellten Gesichts die Wahrheit über eine Person ausdrücken soll, ist eine verbreitete, aber absurde Vorstellung.

SPIEGEL: Warum ist sie so hartnäckig?

Groebner: Sie steht wohl für einen sehr alten Wunsch: Wir wollen an diese Bilder glauben. Wir möchten verführt und von ihnen angeschaut werden. Damit stecken wir in jener magischen, emotionalen Tradition, die mit den frommen Andachtsbildern vor 800 Jahren begonnen hat. Das ist ja auch in Ordnung: die Werber als Nachfolger der raffinierten Bilderzauberer von früher. Es soll mir bitte nur niemand erzählen, wir lebten in einer aufgeklärten, nüchternen und entzauberten Welt.

Kernelemente der westlichen Zivilisation

Die westliche Zivilisation wird ausgemacht durch

die lichte Lebenswelt, die quirlende Konsumwelt, die bunte Popwelt

so lernen wir von Frank Meyer im Blick.

Sei ehrlich, hättest Du die drei “Welten” als  “vordergründigste Erscheinungen unseres modernen Alltags” empfunden? Siehst Du! Und schon wieder etwas gelernt! Damit wird nun auch uns endlich klar, was die Terroristen so hassen. Zu dumm nur, dass sie uns dadurch wohl ein wenig sympathischer werden.

Feigheit allüberall

Das sei “ein feiger terroristischer Anschlag” gewesen, kann man überall hören. Nur:

Welche Legitimation, andere, und seien es Terroristen, als “feige” zu bezeichnen, könnte haben, wer rund um die Welt, ohne Verfahren, ohne Anklage, ohne überprüfbare Begründung – und auch ohne Risiko – Menschen durch Drohnen tötet? Worin genau unterscheidet sich die eine von der anderen Feigheit?