Aktiv – Passiv

lachsEinmal mehr in den Keller gestiegen um zu sehen, dass es dunkel ist. Ein deutsches Onlinemagazin will uns näher bringen, wie man “Gebeizten Lachs wie ein Gourmet in der eigenen Küche machen” kann. Ist das denn wirklich so ein typisches Gourmet-Verhalten? Gebeizten Lachs machen? Widmen sich Gourmets nicht viel eher dem Verzehr z.B. gebeizten Lachses? Ich stelle mir dieses “machen” in der eigenen Küche auch eher schwierig vor. Wo soll man denn da diese Eier legen? In den meisten Küchen wird es für den Laich wohl viel zu trocken sein. Und eigentlich sind Lachse doch deutlich am bestem qualifiziert für das “machen” von Lachsen. Sind Lachse Gourmets? Also: Gebeizten Lachs wie ein Lachs in der eigenen Küche machen? Wo kochen Lachse? Haben die überhaupt eigene Küchen? Oder ist das die grosse Herausforderung, auf die uns der Beitrag hinweisen will: Wie können wir als Gefangene unserer eigenen Küchen deren Fesseln sprengen und wie Lachse Lachs machen.

Das Grundproblem ist aber wohl doch, dass die Titelgebung eine Gleichsetzung von Nehmen und Geben impliziert. Man geht davon aus, dass ein Gourmet (dem zugeschrieben wird, dass er guten gebeizten Lachs mag) auch die Fertigkeiten und das Interesse aufweist, gebeizten Lachs zuzubereiten (und natürlich eine eigene Küche hat, also nicht im Gefängnis oder einer Asylbewerberunterkunft wohnt, oder auf der Strasse). Der Überschrift liegt so besehen das Bild eines steinzeitkommunistischen Universalmenschen zugrunde, der alles, was er konsumiert, auch produzieren kann. Das ist aber nicht nur unrealistisch, sondern führt auch zu einer Verarmung: Einerseits schwindet die Wertschätzung für die Kunstfertigkeit dessen, der gut Lachs beizen kann (wenn das jeder dahergelaufene Fresser in seiner Küche hinkriegt …), andererseits aber auch das Eingeständnis eigener Unvollkommenheit (ich kann keinen Lachs beizen und will das auch gar nicht).

Dieser Befund ist möglicherweise symptomatisch für die Internet-Mediengesellschaft. Soziale Medien, Kommentarfunktionen etc. geben jedem die Möglichkeit, sich schriftstellerisch oder anderweitig künstlerisch zu betätigen. Fundierte Äusserungen wie ein Leser am eigenen Schreibtisch machen, sozusagen.