Kleine Träume und grosse Pläne

Stimmt eben leider sehr genau. Was für ein Elend:

Alle spielen jetzt Golf, jeder fährt Passat
Keiner tätowiert sich Wu-Tang auf’n Arsch
Keiner tanzt mehr Moonwalk seit Michael Jackson starb
Alle auf Salat – keiner mehr verstrahlt
Jeder macht Diät – niemand isst mehr Fleisch
Niemand hat ‘nen Trichter – alle saufen Wein
In der guten alten Zeit war’n alle Donnerstags schon breit
Ich sitz’ auf’m Sofa, rauch das ganze Zeug allein
Alle sind jetzt “Troy” niemand geht mehr raus
Keiner kämpft mehr bis zum “Endboss” – alle geben auf
Jeder geht jetzt joggen, redet über seinen Bauch
Bevor die “Lila Wolken” kommen sind alle längst zuhaus’

Jeder glücklich Zweiter, keiner mehr Verlierer
Keiner geht mehr klauen, freundlich zum Kassierer
Alle ziehen aufs Land in die große Stadt nie wieder
Silbernes Besteck – Goldener Retriever
Alle mähen Rasen, putzen ihre Fenster
Jeder ist jetzt Zahnarzt – keiner ist mehr Gangster
Keiner fälscht mehr Stempel – alle gehen schwimmen
Jeder steht jetzt auf der Liste – niemand geht mehr hin
Keiner will mehr ballern, treffen um zu reden
Keiner macht mehr Malle, alle fahren nach Schweden
Jeder liebt die Bayern, vor’m Essen beten
Leben die kleinen Träume, verbrennen die großen Pläne

Marteria: Kids (2 Finger an den Kopf) Vollständiger Text mit Erklärungen.

Und hier das Video

Geburtstag

Wir sind ein Jahr alt geworden! Schon!
Unbemerkt wäre das an uns vorbeigegangen, wären nicht Rechnungen gekommen.

C’est la même chose pour tout le monde, donc c’est juste

C’est la même chose pour tout le monde, donc c’est juste.

Au détour d’une conversation, au fil des pages d’un quotidien, au cœur de nos réflexes intellectuels, cette pensée séduisante au premier abord se révèle davantage mystificatrice qu’évangélique.

Quand comprendra-t-on enfin que l’universalité d’une solution n’implique en rien que cette solution soit juste?

Universalité n’implique pas justice

P1: Ce qui est juste peut valoir pour l’un comme pour tous.

P2: Ce qui est injuste peut valoir pour l’un comme pour tous.

C: Par conséquent, ce qui vaut pour tout le monde n’est pas nécessairement juste.

Exemple ad absurdum: je frappe toute personne que je croise. C’est la même chose pour tout le monde, donc c’est juste.

Identité n’implique pas justice

L’aphorisme “c’est la même chose pour tout le monde” sous-entend, dans le langage courant, une égalité stricte pour chacun, sans aucune exception.

Or, une telle égalité est bien loin d’être juste parce qu’elle ne permet pas de tenir compte des différences entre individus.

Exemple ad absurdum: Durant longtemps, j’ai eu une femme de ménage très peu efficace et qui ne nettoyait que très imparfaitement. Je lui versais 15.- CHF / heure. Aujourd’hui, j’ai une autre femme de ménage très efficace et qui nettoie mon appartement parfaitement. Je lui verse 15.- CHF/ heure. Ma nouvelle femme de ménage touche la même chose que l’ancienne, donc c’est juste.

Discussion et conclusion

Dans les exemples ci-dessus, le lecteur attentif aura tôt fait de dire qu’il n’y a pas réellement universalité dans les deux cas. En effet, dans le premier exemple tous ceux qui ne me croiseront pas ne subiront pas mes coups et dans le second toute femme de ménage qui travaille pour quelqu’un de plus généreux gagne davantage. Le problème évoqué concerne néanmoins davantage la création de catégories que l’absence de lien entre universalité et justice.

En conclusion, l’adage devrait être le suivant: “C’est la même chose pour tout le monde, donc c’est pareil pour tous.”

P.S. : L’adage initial (“C’est la même chose donc c’est juste”) peut toutefois être en partie sauvé en invoquant une identité (égalité) propositionnelle (distributive dirait Aristote). Encore que la présence d’une proportion quelconque ne signifie pas encore la présence de la bonne proportion.

Die Zukunft und die Liebe

FOTOGRAFIE VOM 11. SEPTEMBER

Sie sprangen aus brennenden Stockwerken hinab –
einer, zwei, noch ein paar
höher, tiefer.

Die Fotografie hielt sie an im Leben,
und nun bewahrt sie sie auf
über der Erde gen Erde.

Jeder ist noch ganz
mit eigenem Gesicht
und gut verstecktem Blut.

Es ist genügend Zeit,
dass die Haare wehen
und aus den Taschen Schlüssel,
kleine Münzen fallen.

Sie sind immer noch im Bereich der Luft,
im Umkreis jener Stellen,
die sich soeben geöffnet haben.

Nur zwei Dinge kann ich für sie tun –
diesen Flug beschreiben
und den letzten Satz nicht hinzufügen.

aus: Wislawa Szymborska, Der Augenblick, Gedichte, Frankfurt 2005

Die Zukunft nicht zu sehen, ja nicht einmal an sie zu denken, ist die eigentliche Ausdrucksform von Zärtlichkeit und Liebe. Denn Liebe kennt keine Zukunft, Liebe ist immerwährende Gegenwart, gleichzeitig allgegenwärtig und unfassbar. Dies ist ihr Absolutes, Gottgleiches, das jede Möglichkeit der Erklärung ebenso ausschliesst wie die Notwendigkeit einer Begründung. Zukunft dagegen ist eine Konstruktion unseres Verstandes, die primär dazu dient, den unserer Kontrolle entzogenen (und daher beängstigenden) Augenblick zu domestizieren, vergleichbar zu machen, einzuordnen und im eigentlichen Sinne zu “verkleinern” (Analoges, wenn auch in wesentlichen Teilen durchaus anderes, gilt natürlich auch für die Vergangenheit, doch davon ein ander Mal.) Durch die Konstruktion der Zukunft wird be-greif-bar, was sich eigentlich jedem Mass und jedem Verständnis verweigert, weil es in seiner Vollständigkeit und Dynamik jede neutrale oder objektive Position ausschliesst. Die Extrapolation vom Gegenwärtigen auf ein Zukünftiges, vom jetzt bestehenden (aber gleichzeitig immer vergehenden und sich auch deshalb entziehenden) Augenblick auf mögliche zukünftige Folgen oder Entwicklungen erlaubt die Projektion unserer Ängste, unseres Ausgeliefertseins auf etwas Konkretes, Kommunizierbares und damit “Objektives”, was sie unmerklich – und quasi nebenher – in etwas Verständliches und Legitimes verwandelt. Die Angst gehört damit nicht mehr zu uns, sondern zum Aussen, zur Welt, zu demjenigen, dem wir ausgeliefert sind. Sie ist nicht etwas, das wir selbst produzieren, sondern etwas, das uns bedroht und bedrückt.

Tatsächlich aber leben wir immer und ausschliesslich in einem einzigen Augenblick, in diesem ephemeren, filigranen, höchst zerbrechlichen und ständig vergehenden Moment, der uns – ganz im Gegensatz zu seiner fragilen Zärtlichkeit – gleichzeitig so vollständig als überhaupt nur vorstellbar umfasst und uns zudem – unserer Kontrolle gänzlich entzogen – auch vollkommen beherrscht, also durch und durch gewalttätig ist, ja geradezu den Inbegriff dessen darstellt, was wir als Gewalt definieren, denn die Herrschaft des Augenblicks über uns ist so vollkommen und einseitig, dass er uns im eigentlichen Sinne “lebt” (und nicht umgekehrt, wie wir gerne glauben möchten). Zumindest die deutsche Sprache zeigt dies auch an, indem Momente nicht ge-, sondern erlebt werden. Die Position eines blossen Objektes aber, einer Puppe oder eines Spielzeugs des Jetzt können wir paradoxerweise nur verlassen, gerade nicht indem wir dem Augenblick entfliehen in eine inexistente Vergangenheit oder eine ungewisse Zukunft, in Träum, Ängste oder Phantasmagorien, sondern gerade zum Gegenteil indem wir uns dem Moment hingeben, in ihm so vollständig als möglich aufgehen. Damit nämlich – so scheint es – vereinigen wir uns mit ihm, werden eins mit ihm, Herr und Knecht verschmelzen, die Unterscheidung hört auf, Sinn zu ergeben. Dies ist der Weg zur Herrschaft über sich – und damit auch über die Welt. Und zudem einer, der uns allen offen steht. Dostojewski (1821-1881) sagt das in den Brüdern Karamasow einmal sehr schön: alle sind wir im Paradiese, wir wollen es nur nicht wahrhaben; wenn wir es aber wahrhaben wollten, so würden wir morgen im Paradiese sein“. Zu dumm nur, dass ein wenig Mut notwendig ist. Oder Ehrlichkeit. Oder Verzweiflung. Oder Neugier. Oder Hingabe. Oder eben Liebe.

Los Palazzos

palazzosAu Ja, “durch Palazzos in Palermo schlendern” klingt doch verführerisch, nicht nur der Alliteration wegen.

Krämerseelen und Rechenaufgaben

Es sei sinnlos, Dinge anzustreben, die nicht erreichbar seien, wurde mir heute gesagt. Wenn es keine Wahrheit gebe oder keine Gerechtigkeit, so lohne es sich nicht, danach zu streben. Sei ein Ziel unerreichbar, so sei es geradezu widersinnig, es zu verfolgen. Ausgenommen wurde nur die Liebe, aber auch dies nur der Hoffnung wegen, sie vielleicht einmal zu finden.

Was nur soll man darauf antworten? Wie traurig, wie fürchterlich traurig! Aber eben auch grundfalsch, denn gerade das Gegenteil ist richtig: Nur, was nicht erreichbar ist, taugt überhaupt als Ziel des Begehrens. Denn das Begehren wird ja aufgehoben, das Ziel sinnlos, sobald das Begehrte erreicht wird. Es wird als Begehrenswertes im eigentlichen Sinne vernichtet.

Deshalb ist erstrebenswert überhaupt nur dasjenige, was jenseits liegt bloss technischer Schwierigkeiten, und deshalb kann dauerhaftes Ziel nur sein, was sich eben nicht vollständig erreichen lässt (Jacques Lacan [1901-1981] und sein begehrendes Subjekt lassen grüssen).

Denn die Grundanlage des Menschen ist durch und durch paradox. Nur wenn er sich in stetiger Revolte findet gegen sein Schicksal, sein Los, kann er sein Menschsein überhaupt erhalten, seine Fähigkeit zum Träumen, zur Poesie, zur Kreativität und letztlich zur Liebe. Nur im Paradox verwirklicht er sich. Alles andere sind bloss Rechenaufgaben, die sich mit mehr oder weniger Aufwand, immer aber mit purer Mechanik lösen lassen.

Das Leben als Problem, als Rechenaufgabe, die es zu lösen gilt? Nur Krämerseelen können auf eine so prosaische Idee verfallen. Und auch nur sie könnten sich wohl in einer solchen Existenz heimisch fühlen. Aber auch sie wohl nur um einen fürchterlichen Preis. Und selbst sie wohl nicht auf Dauer.