1 Nacht und 1 Tag und 1 Nacht habe ich geschlafen. Oder waren es zwei Jahre? Oder drei? Mehr oder minder am Stück. Und immer noch bin ich müde. Unsicher auf den Beinen. Taumelnd. Wackelig. Schwer sind meine Arme. Schwer meine Beine. Schwer mein Kopf. Und schwer mein Herz.
Wenn meine Seele müde ist, macht sie sich ganz klein, zieht sich zurück, versteckt sich und wird fast unsichtbar. In diesem Zustand versucht sie jeweils, die zu verletzen, die sie lieben. Nicht die anderen. Die bleiben bedeutungslos. Nur die sie lieben. Auch mich. Gerade mich. Ich liebe sie ja doch. Irgendwie. Sie schafft das eigentlich recht gut.
Auch das mit dem Verstecken. Ich verliere sie dann regelmässig. Weiss zwar, dass sie da sein muss, vermag sie aber nicht mehr zu finden. So winzig und unsichtbar, so unscheinbar und durchsichtig ist sie. Kaum zu unterscheiden von einem Schatten. Einem Blinzeln.
Findet Gott die verlorenen Seelen?
Ihre Bedeutungslosigkeit lässt ihr nicht viel mehr übrig, als ihre Augen zu schliessen. Ein Wort darüber zu verlieren – würde es etwas ändern?
Ob Gott die verlorenen Seelen findet, könnte sie trotzdem nicht mit Gewissheit beantworten.
Hinter ihren Augenlidern brennen jetzt die Tränen und wenn sie sie weiterhin zuhält, bleibt sie blind. So hört sie ganz leise, wie aus weiter Ferne, scheinbar nicht enden wollend, die Lieder der Seelen. Manchmal, plötzlich, dazwischen: diese Dissonanz! Sie erschrickt und schlägt die Augen auf.
Aber das Lied, es bricht nicht ab.
Ob Gott die verlorenen Seelen findet, das weiss sie nicht. Aber sie weiss, dass es Menschen gibt, die sie hören können.