Weinen

… und wenn wir schon beim Weinen sind, dieser “elenden Gewohnheit” wie Borges sagt: Bestimmte Himmel, Farbstimmungen oder musikalische Harmonien bringen mich praktisch immer zum Weinen. Ich habe nie verstanden warum. Ob andere das wohl auch kennen?

Pleurer Cioran

Ja, nur allzu wahr, Cioran war gross, und hat es bitterlich bezahlt am Ende. Mein liebster Satz von ihm:

Il n’est guère qu’un signe qui atteste qu’on a tout compris : pleurer sans sujet.

Gibt übrigens auch einen hübschen Essay von ihm zum reaktionären Denken, speziell Joseph de Maîstre.

Why God never received a PhD

  1. He had only one major publication.
  2. It was in Hebrew.
  3. It had no references.
  4. It wasn’t published in a refereed journal.
  5. Some even doubt he wrote it by himself.
  6. It may be true that he created the world, but what has he done since then?
  7. His cooperative efforts have been quite limited.
  8. The scientific community has had a hard time replicating his results.
  9. He never applied to the ethics board for permission to use human subjects.
  10. When one experiment went awry he tried to cover it by drowning his subjects.
  11. When subjects didn’t behave as predicted, he deleted them from the sample.
  12. He rarely came to class, just told students to read the book.
  13. Some say he had his son teach the class.
  14. He expelled his first two students for learning.
  15. Although there were only 10 requirements, most of his students failed his tests.
  16. His office hours were infrequent and usually held on a mountain top.
  17. No record of working well with colleagues.

Und wem das nicht reicht. Hier noch Argumente, warum er vielleicht doch einen Doktortitel hat und auch welche, warum ihm die Kriterien der Gartenzwerge vielleicht einfach schnurzpiepe sind.

Klingt lustig, bringt die Sache aber auf den Punkt: Bewerten lässt sich nur, was sich vergleichen, was sich messen lässt, wofür es einen Massstab gibt, was sich erfassen und beherrschen lässt. Das Grosse aber ist immer einmalig. Folgt nicht einem Gesetz oder einer Regel, sondern erschafft sich eigene. Entzieht sich jeder Kategorie. Und so ist alles, was in unserem Leben wesentlich ist, bedeutsam, weil es einmalig ist, unvergleichlich und unersetzlich. Jeder Sonnenaufgang, jeder Sonnenuntergang. Jeder Blick, jede Berührung, jeder Kuss, jedes Zittern und jeder Schmerz. Jedes Geschenk, jede Lüge, jedes Lächeln und jeder Verrat.

Nichts, was wirklich zählt, lässt sich zählen.
Alles andere aber ist Zeitverschwendung. Warten auf den Tod.

Heilige Nacht

In der Ballad of Reading Goal, der Ballade vom Zuchthaus zu Reading, die Oscar Wilde 1897 schreibt, ein halbes Jahr nachdem er aus diesem Gefängnis entlassen wurde, wo er wegen Homosexualität zwei Jahre verbracht hat, heisst es an einer Stelle:

Like two doomed ships that pass in storm
We had crossed each other’s way:
But we made no sign, we said no word,
We had no word to say;
For we did not meet in the holy night,
But in the shameful day.

Das beschreibt wohl die meisten unserer Begegnungen. Vielleicht besteht darin gar das Malaise unserer Zeit: zuviel Tag, zuwenig Nacht.

Die Ballade ist ein Juwel. (Merkwürdig erscheint mir heute angesichts ihrer Länge allerdings, dass ich sie einst ohne Mühe vollständig auswendig hersagen konnte). Wilde ist immer gut, aber Gefängnis und Zwangsarbeit haben kalte Glut entstehen lassen, die ihresgleichen sucht und an der er dann innert zweier Jahre zugrunde gehen wird. Nicht aber, ohne etwas zu notieren – und das ist das eigentliche Thema der Ballade –, das klarsichtiger und zutreffender ist als das meiste, was je über die Liebe gesagt wurde (und deshalb wohl auch so verwirrend und bedrückend):

Yet each man kills the thing he loves
By each let this be heard,
Some do it with a bitter look,
Some with a flattering word,
The coward does it with a kiss,
The brave man with a sword!

Some kill their love when they are young,
And some when they are old;
Some strangle with the hands of Lust,
Some with the hands of Gold:
The kindest use a knife, because
The dead so soon grow cold.

Some love too little, some too long,
Some sell, and others buy;
Some do the deed with many tears,
And some without a sigh:
For each man kills the thing he loves,
Yet each man does not die.

Fürchterlich. Das Einzige, was dem Tod zu widerstehen, ihn zu besiegen vermag, ist selbst mörderischen Charakters. Tatsächlich. So verstörend dies sein mag, so zutreffend ist es doch.

Jeder in seiner eigenen Nacht. Besonders tagsüber.

Verwirrung

Meine Verwirrung nimmt stetig zu. Ich weiss nicht, was ein Terrorist, und auch nicht, was ein Extremist ist. Offenbar aber reicht es aus, ein solcher “mutmasslich” zu sein, um mit Fug und Recht (dafür aber ohne Anklage oder Strafverfahren) hingerichtet zu werden.

Meine Verwirrung nimmt überhand. Ich weiss nicht einmal, was ein “Care Team” ist. Aber offenbar werden Motorradfahrer dadurch betreut, wie man liest.