Regeln und Adolf Eichmann

Regel als Regel befolgen III spricht am Ende das eigentliche Problem, wenn nicht des Rechts, so doch der Juristen an: Dass sie nämlich, wenn sie tatsächlich tun, was sie in ihren Methodenlehren behaupten (glauben und glauben machen wollen), namentlich Regeln befolgen, weil es Regeln sind, sie zu einer eigentlichen Armee von Eichmännern werden.

Das ist deshalb tragisch, weil das Recht üblicherweise als der Gegenbegriff zu blosser Macht und Willkür konzipiert wird, dieweil es doch nichts anderes ist als dessen verlängerter Arm oder Instrument.

Als erstes entstehen an den mittelalterlichen Universitäten juristische Fakultäten. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn das gegen den Willen der allgegenwärtigen Theologie und allmächtigen Kirche geschah. Nicht?

In der Strafkolonie

Im Leiden der Kreatur wurde der Prozess angesprochen, bei dem wir alleine durch unser Beobachten Teil werden dieses Leidens. Wenn wir empathisch sind, empfinden wir ihr Leiden nach, aber – infolge unseres kalten Beobachterstatus – werden wir in gewissem Sinne zu Pornographen. Wenn wir dieses Leiden nicht enden oder wenigstens mildern können, werden wir deshalb wohl (trotz unserer Empathie, die eben gerade nichts auszurichten vermag, sinnlos erscheint), Teil des Leidenzufügenden, Teil der Strafe und Teil des Bösen. Dies wohl der tiefere Grund für unsere Verantwortung angesichts des Leidens. Nichts bringt das besser auf den Punkt als die fürchterlich-furchterregende Erzählung “In der Strafkolonie” von Franz Kafka (1893-1924). Kafka in seiner genialen Sensibilität lässt den unbeteiligten Wissenschaftler die fürchterliche Geschichte erzählen, der am Ende auch einfach abreist.

Die Geschichte hier online, hier als PDF zum Download.

Regel als Regel befolgen III

Einer Regel folgen, weil es die Regel ist, meint nichts anderes, als die eigene Autonomie, das freiwillige Entscheiden aufzugeben. Denn eine Regel ist immer generell und abstrakt, so dass in jedem Einzelfall entschieden werden muss, ob die Regel gilt oder nicht, d.h. ob wir es mit dem “Grundsatz” zu tun haben oder mit einer “Ausnahme”.

Grundsatz oder Regel und Ausnahme sind zwei Kategorien die der Rechtsregel eigentlich fremd sind und die nur subjektiv, im Einzelfall entstehen und Sinn haben.

Spricht man von Regeln und Ausnahmen im Gesetz, so vermischt man Abstraktes und Konkretes. Denn selbst eine kodifizierte Ausnahme stellt eine Regel dar, die im Einzelfall ausnahmsweise nicht angewendet werden kann. Eine kodifizierte Ausnahme in diesem Sinne ist nichts anderes als eine andere Regel für einen anderen Falltypus.

Mit Regel und Ausnahme wird nicht auf den Gesetzestext verwiesen, sondern auf die Freiheit des Richters, im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Regel entstehen soll oder nicht, auf die Freiheit des Einzelnen zu entscheiden, ob er im Einzelfall etwas tun darf oder nicht. Dies ist auch der Grund, warum der Einzelne Verantwortung für sein Handeln trägt.

Eine Regel als Regel befolgen, oder eine Ausnahme restriktiv auslegen, weil es eine Ausnahme ist, kann somit nur als Tyrannei der Abhängigkeit und des Nicht-Denkens bezeichnet werden.

Neugierige Blicke

Wem ist das nicht auch schon so ergangen: Da sitzen Sie gemütlich mit Ihrem Rollköfferchen mit rosa Bändchen dran im Terminal 4 des Flughafens Madrid Barajas und denken: Wie könnte ich mich jetzt bloss vor allzu neugierigen Blicken schützen? Ein Versandhändler, der “Products with a story” anbietet, hat die Lösung:

Ostrich

Hierzu sei nur diese kleine Bemerkung erlaubt: Die Vorstellung, dass man unsichtbar sei, nur weil man selber nichts sehen könne, erscheint als eine sehr tröstliche Vorstellung. Wie viele tröstliche Vorstellungen ist sie aber wohl falsch.