Zeitnah

“Zeitnah” ist eine recht beliebte Neuschöpfung. Auf scheinbar intellektuelle und elegante Weise werden Zeit und Ort verknüpft, indem die Zeit als eine Art Raum konzipiert wird. Was wäre, wenn wir den Raum als eine Art Zeit verstünden? Wie aber könnte wohl das räumliche Pendant zu “zeitnah” lauten? Ortsbald?

Zeit

Das Leben vergeht. Es ist schon vergangen. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von (grosszügig gerechnet) 85 Jahren, erleben wir – wenn wir die ersten und letzten paar Jahre abziehen – bewusst vielleicht 80 Sommer, 80 Herbste, 80 Winter und 80 Frühlinge.

In Tagen gerechnet sind es ungefähr 30’000. Wenn wir mit 30 erwachsen werden, bleiben uns noch etwa 20’000. Wenn wir nur jede Woche nur ein Buch lesen wollten, wären das weniger als 3000 Bücher. Und selbst wenn wir bereits mit 15 damit begonnen hätten, ergäbe das wenig mehr als 3500. Und wer liest denn heute noch jede Woche ein Buch?

Warum also Bücher lesen, die uns nicht interessieren?

Wissen ist wenig

Damit ist freilich nicht richtig, dass der im Lebensvollzug verleugnete Tod geleugnet würde. Er ist vorhanden durch das Wissen, dass alle sterben müssen. Aber Wissen ist wenig, man muss es auch glauben können. Niemand kann glauben, dass es mit ihm einen Anfang genommen hat und ein Ende nehmen wird. Das liegt im Wortsinne ‘ausserhalb der Reichweite’ unseres Bewusstseins. Wir waren nicht dabei, als wir anfingen, und wir werden nicht dabei sein, wenn wir enden. Jeder erfährt es nur indirekt: Alle anderen haben einen haben Anfang und Ende, und man hat auch ihm bescheinigt und wird es ihm bescheinigen, dies sei bei ihm nicht anders.

Hans Blumenberg, Ein Instinkt der Uneigentlichkeit?, in: Die Verführbarkeit des Philosophen, Frankfurt 2000

Beste Freunde

“Wir sind beste Freunde. Wir sind nicht da, wenn wir einander brauchen.” So haben meine besten drei Freunde und ich immer gelacht. Das war kein Programm, als das es viele missverstanden haben, sondern schlicht Beschreibung der Wirklichkeit. Oder hast Du es je erlebt, dass jemand erreichbar war in denjenigen Momenten, in welchen es wirklich wichtig gewesen wäre? Irgendjemand? Ich auch nicht.

Das hängt nicht etwa am fehlenden guten Willen oder irgendetwas Anderem, das wir steuern könnten, sondern eher an der Tatsache, dass im selben Moment, im selben Augenblick Milliarden von Momenten gelebt werden, alle gleichzeitig, aber alle parallel.

Gottesbeweis

Könnte ein Mensch sich je sowas ausdenken? Wenn das kein Beweis für die Existenz Gottes ist, dann gibt es keinen.