Tätliche Person

by | Jul 25, 2013 | Die Worthülse | 2 comments

Tätlich meint laut Duden (und allgemeinem Sprachgebrauch) “körperliche Gewalt einsetzend; handgreiflich”. Das aber meint der Begriff der “tätlichen Person” gerade nicht. Vielmehr bezeichnet er ganz allgemein den Täter (oder die Täterin), nur dass eben – wie bei der grauslichen “Lehrperson” – Geschlechtsneutralität geheuchelt wird. Geheuchelt deshalb, weil es eben keine geschlechtsneutralen Menschen gibt, und gäbe es sie, dann nur ganz temporär, würde die Menschheit doch geschlechtsneutral aussterben. Dass die grosse Mehrheit der “Lehrpersonen” heute weiblich ist, könnte einen Zusammenhang haben mit der Tatsache, dass Jungen auf allen Stufen aus der Schule fallen und das Schulsystem weitgehend als Buben-Aussonderungs-System funktioniert. Selbst wenn es aber nicht die Frauenquote der Unterrichtenden wäre, die den Ausschlag gibt, so hätten wir – nichtsdestotrotz (was für ein phantastisches Wort) – einen Geschlechterbias in unserem Schulsystem. Nicht zuletzt bei der universitären Juristenausbildung, müsste man eigentlich von Juristinnenausbildung sprechen, denn die grosse Mehrheit der Studierpersonen ist inzwischen weiblich.

Im Bereich der Kriminalität ist das Bestreben um Geschlechtsneutralität nun besonders irr, weil Kriminalität ein essentiell männliches Phänomen ist. Entweder es stimmt etwas nicht mit der Emanzipation, oder mit der Geschlechtsneutralität, denn die einst in Aussicht gestellte Angleichung der Kriminalitätsquoten der Geschlechter lässt nach wie vor auf sich warten. Und sperrte man alle Männer ein, so existierte auch praktisch keine Kriminalität mehr, jedenfalls keine schwere. Oh, pardon. Das sollte natürlich umgekehrt heissen: Sperrte man alle tätlichen Personen weg, wären damit auch praktisch alle Personen männlichen Geschlechts im Gefängnis.

Vielleicht sollten wir die Unterschiede zugeben (statt sie sprachlich einzuebnen) und dann danach zu fragen, warum sie denn bestehen. Vielleicht könnten wir ja dergestalt nicht nur etwas über Kriminalität, sondern gar noch etwas über die Geschlechter lernen.

2 Comments

  1. Erg Onduidelijk

    Entwickelt wurde der Terminus der tätlichen Person ja an eingermassen handfesten Straftaten (so to say, vielfach kommen auch, vorrangig oder notwendigerweise andere Körperteile zum Einsatz, jedenfalls geht es bei angesprochenen Delikten regelmässig um körperliche Berührungen), eine gewisse Nähe zur Tätlichkeit (Art. 126 StGB), die einen mehr oder weniger unmittelbaren Körperkontakit voraussetzt.

    Es fragt sich allerdings, ob dieser Terminus sich bei Straftaten ohne körperliche Annäherung gleich gut durchsetzen wird, also z.B. bei Gedankenäusserungsdelikten, oder ob er hier nicht auch in rechtlicher Hinsicht problematische Fehlassoziationen fördern kann. So wird z.B. die tätliche Beschimpfung (Tätlichkeit wird als nonverbaler Kommunikationsakt zur Beleidigung eingesetzt, geht diesfalls nach einer verbreiteten Lehrmeinung in Art. 177 StGB auf) von anderen Formen der Beschimpfung unterschieden. Es steht zu befürchten, dass die Rede von der tätlichen Person bei der Beschimpfung fälschlicherweise nahe legt, es handle sich um eine tätliche Beschimpfung. Man wird also inskünftig ggf. schärfer unterscheiden müssen, ob die tätliche Person eine tätliche Beschimpfung oder eine untätliche Beschimpfung begangen hat. Dabei ist dann aber klarzustellen, dass die tätliche Person eine untätliche Beschimpfung i.S. der Täterschaft begangen hat.

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    • Titiuuh

      Au ja. Und dann wäre zu unterscheiden zwischen den tätlichen Personen (also den Kriminellen) und den untätlichen Personen (den Normalos, bzw. den nicht erwischten Kriminellen). Die Untätlichen wären scharf zu unterscheiden von den Untätigen, ebenso die tätige Reue von der tätlichen Reue und der untätigen Reue natürlich.

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