by Filifjonka | Dec 7, 2013
R. Floriot, Zu Unrecht verurteilt, Hamburg 1969, 247 f.:
Auch wenn die Untersuchung unter einwandfreien Bedingungen vorgenommen wird, lässt ein Blutalkoholgehalt von zwei oder selbst von 2,5 Promille niemals die Behauptung zu, dass sich die betreffende Person im Zustand der Trunkenheit befinden. Denn unbestreitbar ist, dass die gleiche Menge Alkohol durchaus unterschiedliche Wirkungen bei verschieben Personen hervorruft: Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Abspannung, Lebensweise (in frischer Luft oder in der Stadt), berufliche Tätigkeit (körperlich Arbeit oder Büroarbeit) und schliesslich die Gewöhnung an Alkohol spielen eine grosse Rolle. Wenn ein robuster Holzfäller von dreissig Jahren und eine junge charmante Brautjungfer während eines Hochzeitsessens je drei Gläser Champagner trinken, so wird sich der Einfluss des Alkohols in den darauffolgenden Stunden sehr verschieden bei ihnen bemerkbar machen.
[…]
Würde man für alle Personen dieselben Regeln gemäss Tabellen anwenden, so könnte es des öfteren auf einen Justizirrtum hinauslaufen.
Ist es nicht merkwürdig, wie noch nicht ein halbes Jahrhundert her ohne weiteres klar war, dass eine Standardisierung primär Ungerechtigkeit bedeutet? Und ist nicht noch merkwürdiger, wie sehr wir uns (zumindest hier) bereits an diese Standardisierung gewöhnt haben, so dass wir fast unwillkürlich staunen ob Floriots Argumenten, beinahe unfähig, den einzelnen Fall hinter der Abstraktion wahrzunehmen?
Ich erinnere mich einer Passage in einem Buch von Anatole France, ich weiss nicht mehr in welchem (wahrscheinlich Le Petit Pierre), in dem der Grossvater mit dem Enkel abends heimkehrt und vor der Fassade eine Mietshauses stehenbleibt, deren Wohnungen auf allen Stockwerken im selben Zimmer erleuchtet sind. Resigniert erklärt er dem Enkel, dass das nicht immer so war, sondern eine Folge der neuzeitlichen Standardisierung sei. Während früher die Menschen ihre Wohnung nach Belieben einrichteten, sei das nun vorbei, jedenfalls die Küche sei bei allen am selben Ort, nämlich dem gerade erleuchteten.
Abstraktion macht das Leben leichter und einfacher, indem sie es eliminiert.
by Filifjonka | Dec 7, 2013
Wir haben hier bereits hingewiesen auf das hübsche Buch “Für den Angeklagten”, (Hamburg 1960; orig. Au band de la défense, Paris 1959) von René Florist (1902-1975, einem der einst profiliertesten französischen Strafverteidiger).

Auch ein anderes Buch von ihm, “Zu Unrecht verurteilt” (Hamburg 1969; orig. “Les erreurs judiciaires”, Paris 1968) ist nur vorbehaltlos zu empfehlen.

Intelligente Überlegungen, unterhaltsame Anekdoten, eindrückliche Fälle. Literarisch gebildet, emphatisch und engagiert. Was will man mehr?
by Filifjonka | Dec 5, 2013
Spricht der Herr:
Oh, Lord
Oh, Lord
Sorry ladies, to make you wait
There’s a couple of Buddhists at the Pearly Gate
Asked my permission to come on board
(What’d you do, Lord?)
I had to have ’em put out with the trash, sing it
Oh, Lord
How great our Lord
Oh, Lord
How great our Lord
Ladies, ladies
Why does the earth glide by below
Like a great big rubber ball?
(It is like a rubber ball)
Why does the bird, fly through the sky
Why does the apple fall?
(We don’t know, Lord)
Folks up here, ask me why
Things go so badly down below
I tell them when they ask me why
I really do not know
(But you do know, don’t you Lord?)
Of course I do, sing it
…
Randy Newman: How Great Our Lord
by Filifjonka | Dec 4, 2013
Und noch ein Highlight versteckt in einem Lied:
Fat lady smiling as she roles by
The big red smile and a sloppy kiss
Furry friends slow follow (follow)
Black mascara creatures, yes
Your baby’s screaming in your ear
The black hair and a red nose face
She’s running backwards off the fire escape
But I’m with you baby
And the voice in the public address says…
Marc Cohn: Join the Parade, aus der gleichnamigen CD
by Filifjonka | Dec 4, 2013
Regel als Regel befolgen III spricht am Ende das eigentliche Problem, wenn nicht des Rechts, so doch der Juristen an: Dass sie nämlich, wenn sie tatsächlich tun, was sie in ihren Methodenlehren behaupten (glauben und glauben machen wollen), namentlich Regeln befolgen, weil es Regeln sind, sie zu einer eigentlichen Armee von Eichmännern werden.
Das ist deshalb tragisch, weil das Recht üblicherweise als der Gegenbegriff zu blosser Macht und Willkür konzipiert wird, dieweil es doch nichts anderes ist als dessen verlängerter Arm oder Instrument.
Als erstes entstehen an den mittelalterlichen Universitäten juristische Fakultäten. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn das gegen den Willen der allgegenwärtigen Theologie und allmächtigen Kirche geschah. Nicht?
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