Was tut einer, wenn er sich in der Welt verliert? Was tut er, wenn er sich im Leben verliert? Oder in sich selbst? Oder in der Liebe? Spricht er stumm den Hirtenpsalm (Psalm 23):
Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
ER weidet mich auf grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
ER erquicket meine Seele.
ER führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück,
denn DU bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
DU bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
DU salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Natürlich tut er das. Doch hilft ihm das nicht wirklich. Zumindest nicht länger als das Aufsagen des Psalmes dauert. Und danach? Was tut er, wenn er in die Gaskammer eintritt? Er betet das Schma Jisrael. So wurde es jedenfalls berichtet. Doch scheint auch dies nichts anderes bewirkt zu haben als der Hirtenpsalm. Was tut einer, wenn er seinem Henker entgegentritt (das ist ja nicht selten er selbst)? Grüsst er ihn? Vielleicht. Freundlich? Möglicherweise. Immer aber stumm. Und er betet. Natürlich. Auch er. Sein hoffentlich eigenes Gebet:
gib herr
dass dieser böse traum
sein ende finden mag
bald lass die kühle nacht
auf meine lider sinken
der verbrannten stadt
gewähre das vergessen
nicht trost und keinen kuss
erlaube dieser stunde
nur einen dunklen fluss
in dem kein stern sich spiegelt und
ganz weit
den schrei der eule
die dem nahen licht zu weichen
sich erhebt zum flug
Bevor er verstummt. Endgültig:
I never suspected the way of truth
Was a way of silence where affectionate chat
Is but a robbers’ ambush and even good music
In shocking taste; and you, of course, never told me. (Auden)
Dann aber spannt die Seele weit ihre Flügel aus und fliegt durch stille Lande, als flöge sie nach Haus. (Eichendorff)
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