Die Schweiz das neue Nordkorea

Unter dem Titel «Hilfe für Gastronomie» titelt die Basler Zeitung heute, am 14. Oktober 2020: Baselland erlaubt elektrische Heizstrahler für Gastrobetriebe. Man reibt sich die Augen. Wie bitte? Das war verboten? Das muss genehmigt werden? Ganz offenbar. Zum Wohle der Menschheit und ihrer Zukunft. Hatten wir das nicht schon einmal, dass wir hier und heute eingeschränkt und gequält wurden für die ganz wunderbaren Zeiten, die später auf uns warten würden? Krisenzeiten fördern Heilserwartungen. – Und Totalitarismus.

Blamabel!

Die NZZ am Sonntag hat am 10. Oktober 2020 darüber berichtet, dass sich die Experten im Frühling über die Grippeimpfung stritten. Im Rahmen dieses Artikels verglich das Blatt die Grippeimpfquoten bei Senioren, also die Prozentanteile der Senioren, die sich gegen Grippe impfen lassen, in verschiedenen Ländern und stellte fest, dass sich in Grossbritannien 72% der Senioren impfen lassen, in den Niederlanden, Griechenland, Spanien, Italien und Frankreich mehr als die Hälfte, in der Schweiz aber nur 31% (weniger sogar als in Deutschland, wo es 35% sind). Das nennt die NZZaS einen «blamabel tiefen Wert in Europa». Unklar dabei bleibt allerdings, wieso sich jemand blamiert, wenn er sich nicht impfen lässt. Weil er etwas anderes tut, als viele andere in Europa?

Journalisten (nicht die Medien, sondern diejenigen, die berichten) scheinen ganz offensichtlich Varianz, Vielfalt und unterschiedlichen Regelungen feindlich gesinnt zu sein. Zumindest wo es sich nicht um Privates und Persönliches wie Geschlecht oder sexuelle Präferenzen handelt, sondern um Politik. Jede regional orientierte Regelung wird einheitlich abschätzig als «Flickenteppich» bezeichnet und bei unterschiedlichen Regelungen stets so intensiv nach Sinn und Effizienz unterschiedlicher Regelungen gefragt, dass man nur schwer glauben kann, dass die Medienschaffenden auch nur im Ansatz die Funktion von Demokratie und Föderalismus verstanden haben. Immer sind Diktaturen nicht nur einheitlicher, sondern auch effizienter als Demokratien. Wem nicht einleuchtet, dass in Bern und Zürich nicht dieselben Regeln gelten, der müsste wohl erklären, warum das anders sein sollte bei Unterschieden zwischen einzelnen Ländern. Warum nicht eine einheitliche Regelung für die gesamte Menschheit?

Aber die NZZ? Die NZZaS? Weniger als ein Drittel aller Senioren lässt sich hierzulande gegen Grippe impfen. Was für eine Blamage! Weniger als halb soviel wie in Grossbritannien oder den Niederlanden. Ich schäme mich für die Schweiz. Und ihre Bevölkerung.

Und die NZZaS.

Das Parlament spielt sich auf!

Heute im Parlament. Martin Landolt, seines Zeichens Präsident der BDP, lehnt die Forderung nach einem Ende des Notrechts ab. Mit folgender Begründung:

«wenn das 26 Kantonsregierungen akzeptieren, muss auch das Parlament der Versuchung widerstehen, sich als Schattenregierung aufzuspielen.»

Ausgedeutscht: Wenn schon die kantonalen Exekutiven hinnehmen, dass die nationale Exekutive am Parlament vorbei regiert, muss sich dieses doofe Parlament doch nicht aufspielen. Unglaublich! Das Parlament spielt sich als Schattenregierung auf, wenn es die ihm zukommenden (und alleine ihm zukommenden) Kompetenzen wahrnehmen will.

Das ist das Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat, zumindest in Teilen unseres Parlamentes.

Dass die ausführende Gewalt ein Parlament nicht achtet, das sich selbst verachtet, scheint verständlich.

Schweizerinnen und Schweizer

Bundesrätin Karin Keller-Suter (und mit ihr die Medien) empfehlen Schweizerinnen und Schweizern (ganz wichtig natürlich, wie immer, dass beide Geschlechter erwähnt werden) Ferien in der Schweiz. Aber – so fragt man sich – was machen die übrigen 25% der Bevölkerung?

Als Prostituierte brandmarken

Ein Herr Scheuermann schreibt am 13. Juli 2019 im Nachrichtenmagazin Spiegel,

er [Alexander Acosta] war es, der 2007 mit ihm [Jeffrey Epstein] einen Vergleich schloss – bei dem die Opfer überhaupt nie angehört wurden. Sie wurden damit auch indirekt als Prostituierte gebrandmarkt.

Lassen wir einmal die Frage, ob man jemanden alleine dadurch klassifizieren kann, dass man ihn nicht anhört, so bleibt doch die quälende Frage, ob man tatsächlich auch heute, im Jahr 2020, jemanden als Prostituierte «brandmarken» kann. Das Verb «brandmarken» kommt vom Brauch, Tiere mit einer Brandmarke zu versehen, um das Eigentum daran anzuzeigen. Bei Menschen wurde die Brandmarke verwendet, um sie öffentlich blosszustellen (vgl. etwa Nathaniel Hawthorne, The Scarlett Letter, 1850), aus der Gemeinschaft auszustossen, sie zu stigmatisieren. Kann es wirklich sein, dass wir – Europa im Jahr 2020 – jemanden «brandmarken», wenn wir sagen (was ja in casu gar nicht geschehen ist), er prostituiere sich? Nicht ernsthaft, oder?

Ich habe nicht weitergelesen.

Berichterstattung als Vernebelung

Die Schweizer Medien berichten heute, dass die Universität Zürich der 86jährigen Jane Goodall den Ehrendoktor verliehen habe, zum 187. Gründungstag der Universität und zum ersten Mal virtuell bzw. digital.

Und? Wo ist das Problem?

Nun, ganz einfach, dass es so tut, als wäre es eine Nachricht über Jane Goodall. Das stimmt aber nicht. Goodall hat bereits 11 Ehrendoktorate von Universitäten in der ganzen Welt erhalten. Der 12. ist also nichts Besonderes. Und dass die Universität Zürich als 12. Universität einer 86jährigen Person einen Ehrendoktor verleiht, spricht nicht für Mut, Innovationskraft oder Phantasie, sondern für deren Gegenteil. Die einzige Nachricht, die in dieser Nachricht enthalten ist, besteht darin, dass die Uni Zürich offenbar 187 geworden ist. Das aber interessiert natürlich niemanden, ausser der Universität selbst.