by Filifjonka | Mar 11, 2016
Jetzt haben wir also wieder so einen Vornamen-Prozess! Das Strafverfahren gegen Claude D. bezeichnen die Medien, ganz analog zum Fall von Daniel H., mit dem Namen des Opfers, ganz so, als ginge es dabei nicht um die Bestrafung des Täters, sondern um das Opfer. Ganz selbstverständlich wurde umgekehrt der Angeklagte vom Gericht abgeblockt, als er versuchte, das Verhalten des Opfers zu thematisieren; es gehe im Prozess nicht um das Opfer, sondern um den Täter. Genau! Und genau deshalb wird der Prozess ja auch mit dem Namen des Opfers bezeichnet.
Verwendet wird auch nicht der Familienname des Opfers, sondern natürlich sein Vorname: “Marie”. Es “Frau S.” oder “Marie S.” zu nennen, ist offenbar zu distanziert, zu förmlich, zu korrekt. Der Vorname hingegen suggeriert Intimität und Verbundenheit, und macht es leichter, Gefühle zu inszenieren, obwohl das, was wir fühlen, natürlich leere Schablone, abstrakt bleiben muss, da wir zu dem Menschen, dem wir unsere Gefühle scheinbar entgegenbringen, überhaupt keine Beziehung, von ihm keine persönliche Kenntnis haben. Diese “Gefühle” sind blosses Theater, dramatische Inszenierung ausschliesslich eigener Vorstellungen und Konstrukte, die uns erlauben, Empathie und Wärme, Zuneigung und Schmerz zu simulieren, ohne dafür aber auch nur den geringsten Preis zu bezahlen, ohne dafür auch nur minimale Verantwortung übernehmen zu müssen.
by Filifjonka | Mar 7, 2016
Und wenn wir schon dabei sind, gleich noch so ein Kulminationspunkt der Bedeutungsleere: Immer wieder mal hört man von einer “Denkfabrik”. Damit wird nicht selten das amerikanische “Think tank” zu übersetzen versucht. Avenir Suisse etwa so eine solche Fabrik.
Fabrik bezeichnet eine industrielle Produktionsstätte, wo nicht Einzelstücke sondern grössere Quantitäten in Massenproduktion hergestellt werden. Beim Denken geht das nicht. Was immer “Denken” heissen soll beim Begriff der “Denk”-fabrik, kann mit Denken überhaupt nichts zu tun haben, muss vielmehr dessen reines Gegenteil sein. Wenn die “Denk”-fabrik wirklich eine Fabrik ist, kann sie gar nichts Neues produzieren, weil dann nicht gedacht werden kann. Im Akkord, als Massenproduktion kann Denken nicht bestehen, kann es nur ein Reproduzieren sein, ein Malen nach Zahlen. Dann aber müsste es “Nachschwatz-Fabrik” heissen, oder “Wir-tun-so-als-ob-wir-nachdächten-wiederholen-aber-nur-was wir-bereits-kennen-Fabrik”.
by Filifjonka | Mar 7, 2016
Die “Zivilgesellschaft” habe gewonnen bei der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative, konnte man allenthalben lesen. Ich frage mich, ob die solches schreiben, überhaupt wissen, was sie sagen. Worte können nur dann überhaupt eine Bedeutung haben, wenn diese Bedeutung sich von anderen unterscheidet. Was aber wäre nicht “Zivilgesellschaft”? Die Adelsgesellschaft? Die Militärgesellschaft? Die Kapitalgesellschaft? Sind denn Verbände oder politische Parteien nicht Teil der Zivilgesellschaft? Ist die SVP nicht Teil der Zivilgesellschaft?
Ein Begriff aber, der schlicht alles umfasst, ist bedeutungsleer, bleibt Geschwätz und Geschwurbel.
by Filifjonka | Feb 15, 2016
Die NZZ erläutert zum Fall der Flucht eines Strafgefangenen gemeinsam mit seiner Aufseherin
An einen ähnlichen Vorfall wie jenen im Gefängnis Limmattal kann sich hierzulande niemand erinnern. Dennoch wird das Handeln der jungen Aufseherin Konsequenzen haben, und das ist gut so. Der Fall, so singulär er ist, zeigt die Notwendigkeit auf, die bestehenden Sicherheitskonzepte neu zu überprüfen, Eingespieltes zu hinterfragen, den Faktor Mensch ernster zu nehmen.
So so. Daraus also, dass es etwas praktisch nicht vorkommt, ergibt sich das Ungenügen der Sicherheit. Ebenso natürlich wie daraus, dass es häufig oder gar dauernd vorkommt.
Der Kluge schliesst daraus, dass die Sicherheit offenbar grundsätzlich und immer ungenügend ist. Das scheint dem gegenwärtigen Verständnis von Sicherheit inhärent.
Bleibt einzig die Frage, wieso ein offenbar derart gefährlicher Prozess wie das Leben (das ja per definitionem lebensgefährlich ist) überhaupt in Angriff genommen bzw. fortgeführt werden sollte.
by Filifjonka | Feb 15, 2016
Gestern am Radio gehört:
Wir werden in der Zukunft sehen, ob das eine tragbare Lösung ist.
Ach ja? Warum denn dort? Warum werden wir es denn nicht in der Gegenwart sehen, oder gar in der Vergangenheit? Wäre doch apart: “Wer werden das in der Vergangenheit sehen.” und “Wir werden das in der Gegenwart sehen.” Analog könnten wir dann wohl auch die Vergangenheit in der Zukunft haben. “Wir haben das nächste Woche gesehen.”
by Filifjonka | Feb 5, 2016
Ist sie nicht schön, die Globalisierung? Sogar der Spiegel berichtet, wenn in New York ein Kran umfällt. Das scheint offenbar wichtiger, als wenn in China ein Sack Reis umfällt.
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