by Filifjonka | Nov 7, 2014
Ein ganz wunderbares Stück von einem, der das Leben und die Frauen liebte und doch an ihnen verzweifelte, dem vielleicht grössten Lyriker neuerer Zeit, Heinrich Heine (1797-1856).
Anfangs wollt’ ich fast verzagen
Und ich glaubt’, ich trüg es nie,
Und ich hab es doch getragen,
Aber frag mich nur nicht: wie?
Buch der Lieder (erstmals 1827), VIII
by Filifjonka | Nov 6, 2014
Nochmals Zwei Herren am Strand:
Der Herr drückte dem Diener die Hände und kehrte die Augäpfel nach oben und betete laut: “Lass meinen Freund leben, bitte, bitte, lass meinen Freund leben!” Als der Diener aus tiefem, langem Schlaf erwachte und über den Berg war, sass der Herr immer noch an seinem Bett, und nun hielt er die Hände seines Herrn fest und sagt, das Wort – “Freund” – sei es gewesen, das ihm die Kraft gegeben habe zu überleben. Später formten sie gemeinsam aus diesem Augenblick eine Szene. Für einen Sprechfilm. Manche Wort machen die Schöpfung nicht kleiner.
Ist das nicht unglaublich präzise und wahr? Manche Worte machen die Schöpfung nicht kleiner. Nur manche, die meisten aber tun es. Denn der Weg der Wahrheit ist ein Weg des Schweigens.
by Filifjonka | Nov 5, 2014
Nicht nur die Liebe, auch die Wahrheit ist ein mörderisches Ding, so sich die beiden denn überhaupt unterscheiden lassen. Cioran (1911-1995) sagt irgendwann einmal (ich mag das nicht heraussuchen):
Die Erkenntnis der Wahrheit gibt einem das Aussehen eines Mörders.
Tatsächlich. Das liegt wohl daran, dass uns die Erkenntnis der Wahrheit immer zeigt, dass wir nichts zu verlieren haben, da wir doch schon alles verloren haben. Niemand kann uns mehr beschützen, niemand trösten. Dafür ist es längst zu spät. (Das ist wohl der Grund, dass Rainer Mailkowski (1939-2003), einer meiner liebsten Lyriker, sagen kann: “Es gibt nichts zu beschützen”). Es bleibt nur das Vergessen, vielleicht das Schwierigste. Denn uns quält eine diffuse Erinnerung an das Paradies, die (wohl zu unserem Glück, aber da bin ich mir nicht sicher) immer schwächer wird und sich in der Zeit verliert (wie wir selbst) bis sie schliesslich erlöscht (wie wir selbst).
Die Welt heisst Rosebud.
by Filifjonka | Nov 4, 2014
Und noch was sehr, sehr Hübsches. Tom Waits und “All the World is Green”
I fell into the ocean
When you became my wife
I risked it all aganist the sea
To have a better life
Marie you’re the wild blue sky
And men do foolish things
You turn kings into beggars
And beggars into kings
Hier der Song in einer eindrücklichen Verfilmung. Und hier der Text mit Erläuterungen. Hättest Du gedacht, dass hier Georg Büchners (1813-1837) Drama Woyzeck vertont wird, eines der ganz grossen Theaterstücke der Weltliteratur, in dem Woyzeck erst seine Geliebte Marie tötet und hernach sich selbst. Warum wohl, ach, mein Herz?
Ja, die Liebe, die Liebe ist ein höchst gefährliches, ein seltsam mörderisches Tier. Nimm Dich bloss in Acht.
by Lektürlich | Nov 1, 2014
Einer der vielleicht besten Texte überhaupt zur Frage von Kontrolle bzw. Beeinflussung der Zukunft, zur Frage also von Sicherheit und Prävention stammt nicht von einem Wissenschaftler, sondern (wie könnte es anders sein) von einem Schriftsteller. Es handelt sich um einen der letzten Texte von Mark Twain (1835-1910), nämlich die Erzählung (genauer gesagt: den unvollendet gebliebenen letzten Versuch eines Romans) “Ein geheimnisvoller Fremder” (The Mysterious Stranger), im Wesentlichen ein Gespräch zwischen ein paar Jungen und Satan. Alleine schon die Publikationsgeschichte ist ein Krimi für sich und es existieren verschiedene Versionen. Doch wurde Besseres zur Frage von Kontingenz, Zufall, Schicksal und unserer lächerlichen Hilflosigkeit nie geschrieben.
Der Text findet sich (englisch) vollständig online hier. Wer ihn herunterladen möchte auf einem e-Reader findet Formate hier.
by Filifjonka | Oct 7, 2014
Und noch ein absoluter Favorit, Steely Dan, eine Jazz-Rock-Band, total hip bei Intellektuellen in den 70ern, “Fire in the Hole“, ein Song vom Album “Can’t buy a thrill“, 1972 veröffentlicht. Hier der Text:
I decline
To walk the line
They tell me that I’m lazy
Worldly wise
I realize
That everybody’s crazy
A woman’s voice reminds me
To serve and not to speak
Am I myself or just another freak
Don’t you know
There’s fire in the hole
And nothing left to burn
I’d like to run out now
There’s nowhere left to turn
With a cough
I shake it off
And work around my yellow stripe
Should I hide
And eat my pride
Or wait until it’s good and ripe
My life is boiling over
It’s happened once before
I wish someone would open up the door
Don’t you know
There’s fire in the hole
And nothing left to burn
I’d like to run out now
There’s nowhere left to turn
Interpretationshilfen hier. Der Song selbst hier, eines der besten Piano-Solos überhaupt je aufgenommen.
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