Zivilgesellschaft

Die “Zivilgesellschaft” habe gewonnen bei der Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative, konnte man allenthalben lesen. Ich frage mich, ob die solches schreiben, überhaupt wissen, was sie sagen. Worte können nur dann überhaupt eine Bedeutung haben, wenn diese Bedeutung sich von anderen unterscheidet. Was aber wäre nicht “Zivilgesellschaft”? Die Adelsgesellschaft? Die Militärgesellschaft? Die Kapitalgesellschaft? Sind denn Verbände oder politische Parteien nicht Teil der Zivilgesellschaft? Ist die SVP nicht Teil der Zivilgesellschaft?

Ein Begriff aber, der schlicht alles umfasst, ist bedeutungsleer, bleibt Geschwätz und Geschwurbel.

Hinterhältig und feige

Hinterhältig und feige seien die Anschläge in Paris gewesen, so heisst es einhellig in den Medien.

Wenn Sprache überhaupt einen Gehalt und Adjektive eine Bedeutung haben, dann ergibt  sich daraus allerdings die Frage, wie denn ein ehrlicher, anständiger und mutiger Terror-Anschlag aussehen könnte.

Tiger macht Osten von Paris unsicher

tigerIm Journalismus durchaus verbreitet: Der sog. «Lead-Stil». In Wikipedia steht dazu etwa: «Die Informationsschlagzeile soll beim Leser Aufmerksamkeit und Neugier wecken und den Nachrichtenkern enthalten. Der Untertitel soll einen Überblick über die einzelnen Bestandteile des Geschehens vermitteln.»

Wirklich eindrücklich, wie auf blick.ch diese Kunst des subtilen journalistischen Spannungsaufbaus bei maximaler Vermittlung von Informationen auch an den eiligen Medienkonsumenten gepflegt wird. Die Geschichte entwickelt so einen nahezu unwiderstehlichen Sog, wenn man sich plötzlich unversehens fragt: «Und was macht der Tiger?»

Menschen abholen

holt die Menschen dort ab, wo sie sind” ergibt bei einer wörtlichen Google-Suche eindrücklich viele Ergebnisse. Zu denen, die solches tun, gehören die Salesianische Pädagogik, die Kirche, Erdogan, aber auch Gott selbst. Wir sind beruhigt, wenn auch nicht beeindruckt. Beeindruckt werden wir erst sein, wenn die Menschen dort abgeholt werden, wo sie nicht sind.

Aufrufen

Diesmal ist die Krim der Anlass: Alle Welt ruft alle Welt zu irgendetwas auf. Das lässt einen engagiert und aktiv erscheinen und kostet nichts. Zudem bleibt die eigene Legitimation ganz bedeutungslos. Man wird doch wohl noch aufrufen dürfen!

Ich meinerseits rufe alle Regierungschefs, Pressesprecher und übrigen engagierten Menschen dazu auf, das Aufrufen zu unterlassen. Und die Journalisten rufe ich dazu auf, die Aufrufe nicht mehr zu verbreiten!

Aber ach, ich seh’s voraus, es ist zwecklos, denn sie werden gerade dieses eine Mal wohl auf mich hören …

«Posing» – die neue Strafbarkeitslücke

Ein deutscher Parlamentarier soll angeblich in Kanada Bilder nackter Kinder bestellt haben. Nachdem er in den Medien reihum der Kinderpornographie bezichtigt wurde, scheint sich nun herauszustellen, dass die Bilder nun doch nicht pornographisch gewesen sein sollen, sondern lediglich – wie wir jetzt gelernt haben – «Posing».

Und was lernen wir daraus weiter: Dass Verbreitung und Erwerb derartiger nicht-pornographischer Bilder nackter Kinder nicht strafbar sind, ist – eine Strafbarkeitslücke!

Der Stern führt aus:

Im Strafrecht wird bei Kinderpornografie zwischen Kategorie eins und Kategorie zwei unterschieden. Bei Kategorie zwei sind nackte Kinder, aber nicht explizit ihre Genitalien im Fokus. Solche Aufnahmen sind nach derzeitiger Gesetzeslage nicht strafbar. Bei Kategorie eins handelt es sich um strafbares kinderpornografisches Material.

Soso, Kategorie eins und Kategorie zwei. Und Kategorie zwei ist nicht strafbar. Und schon tauchen Zweifelsfälle auf: Was haben wir denn hier?

111 Ist das Kategorie drei? Nicht näher identifizierte nackte Haut? Und am End’ auch nicht strafbar? Oder auch Kategorie zwei? Fragen über Fragen also, hier müssen die Strafrechtler wohl noch etwas über die Bücher, bei der Kategorisierung strafloser Hautbilder scheint mir hier doch noch beträchtlicher Erklärungsbedarf zu bestehen.

Vielleicht ja aber auch bald nicht mehr in dieser Form, sollten doch auch «Posing»-Bilder strafbar werden, denn, so der Stern-Artikel weiter:

Auch Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers plädierte dafür, den Kauf und Verkauf von Fotos mit nackten Kindern generell unter Strafe zu stellen. Es handle sich um einen schweren Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn mit solchen Bildern Geschäfte gemacht würden, sagte Hilgers dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. Schließlich würden die Opfer nicht nach ihrem Einverständnis gefragt.

Genau: Leute photographieren ist eine Verstoss gegen die Menschenwürde. Dabei kann es ja wohl nicht darauf ankommen, ob da noch Kleider drumrum sind um die Leute oder nicht, weil drin sind ja immer noch die Leute, oder? Auch Kinderphotos mit Kleidern sind ja regelmässig in reiferen Jahren ein Quell grosser Peinlichkeit. Insofern müsste man gestützt auf diese Argumentation sinnvollerweise auch das Photographieren von Kinderfaschingsumzügen unter Strafe stellen, denn kaum etwas kann wohl demütigender sein, als wenn erfolgreiche Kernphysikerinnen oder Investmentbanker mit Kinderphotos konfrontiert werden, wo sie eher halbherzig als Zauberer, Elfe oder Blume kostümiert und mit müdem bis traurigem Gesicht auf irgendeinem Kindergartenumzug zu sehen sind. Kaum je wird man froher sein, das auf dem Photo nicht mehr zu sein.

Eigentlich dient somit auch das Datenschutzrecht ganz unmittelbar dem Schutz der Menschenwürde, reglementiert es doch die Verbreitung von Bildern (die ja auch Personendaten sind) von Menschen ganz allgemein.

So besehen machen die Taliban das wahrscheinlich schon richtig: Immer alles hübsch einpacken, damit die Würde schön frisch bleibt.