Safe Harbor

So so. Die EU und die USA haben sich auf eine Ersatz-Lösung geeinigt für das vom EuGH gekippte Safe-Harbor-Abkommen, wie der Spiegel berichtet. Die Unternehmen liefern weiterhin Daten aus Europa in die USA. Dass die sich dabei an europäisches Datenschutzrecht halten wird zukünftig überwacht. Und von wem wird das wohl überwacht? Was glaubst Du? Richtig! Vom US-Handelsministerium! Und wer sich nicht an europäische  Gesetze hält, dem drohen US-amerikanische Sanktionen. Na, wenn das nicht eine pfiffige Lösung ist.

Unter-, Mittel- und Oberschicht

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Schau doch mal die Mittelschicht an, sagen wir von der 3. bis zur 6. oder 7. Dezile. Dann wird auch deutlich, was uns in Europa von den USA unterscheidet. Noch.

Telefonieren mit Cousinen

Die Brüsseler Polizei soll einen neunten Verdächtigen im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen verhaftet haben, meldet der Spiegel.

Der Lead des Artikels lautet:

Die belgische Polizei hat im Zusammenhang mit den Anschlägen von Paris einen weiteren Verdächtigen festgenommen. Er soll mit der Cousine des mutmaßlichen Drahtziehers, Abdelhamid Abaaoud, telefoniert haben.

Das sieht man wieder, wie gefährlich es sein kann zu telefonieren. Speziell mit Frauen. Die meisten von ihnen sind ja irgendjemandes Cousine. Unklar ist gegenwärtig, ob dieselbe Gefährlichkeit von anderen Telefonaten mit anderen Verwandten ausgeht. Aber die Geheimdienste werden es uns wissen lassen. Oder auch nicht. Etwa wenn Teile ihrer Antwort uns verunsichern würden.

Sobibór, Generalgouvernement

Jakob van Hoddis (geb. als Hans Davidsohn) ist ein expressionistischer Dichter, berühmt v.a. durch das vielleicht erste expressionistische Gedicht überhaupt, das 1911 erschienene Weltende. Hier sein Text:

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei,
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

Dieser van Hoddis wurde am 16. Mai 1887 geboren. 1922 wurde er geisteskrank und war von da an erst in privater Pflege, dann ab 1926 entmündigt und  in der Universitätsklinik Tübingen, ab 1927 im Christophsbad in Göppingen, und nach der Emigration seiner Mutter und Schwestern in den „Israelitischen Heil- und Pflegeanstalten“ Bendorf-Sayn bei Koblenz. Keine gute Zeit und ein noch schlechterer Ort für Geisteskranke, speziell für Juden. Hier wurden ab 1940 alle jüdischen Geisteskranken konzentriert. Von hier wurde er am 30. April 1942 deportiert. In den Distrikt Lublin nach Polen – höchstwahrscheinlich das Vernichtungslager Sobibór, wo er umgehend ermordet wurde.

Diese Tatsache umschreibt Wikipedia bei seinen Lebensdaten bündig als: “† 1942 in Sobibór, Generalgouvernement”:

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Es mag nun vielleicht überempfindlich scheinen, aber den Ort Sobibór mit dem Vernichtungslager in dessen Nähe gleichzusetzen, obwohl selbst Wikipedia die beiden zu unterscheiden vermag, erscheint doch etwas gar ungenau und verdeckt das wohl Wichtigste. Dass zudem heute dieser Ort im sog. “Generalgouvernement” lokalisiert wird, also dem von den Nazis besetzten Teil Polens, ganz so, als hätte es das Generalgouvernement tatsächlich gegeben (ausser für die Nazis und die ihnen bei der Teilung Polens verbündeten stalinistischen Sowjets), ist doch gar schamlos. Mit grösserem Recht liesse sich Österreich wohl als “Ostmark” bezeichnen, liessen sich hier doch erhebliche Teile der Bevölkerung gerne anschliessen.

Strafverfahren und Medien

In Zürich seien wieder einmal ein paar Funktionäre der FIFA verhaftet worden, so durften wir von Radio DRS erfahren. Diese Meldung allerdings hatte DRS nicht etwa durch eigene Beobachtung oder wenigstens aus einer Medienmitteilung. Nein, nein. Unser nationales Radio vermeldet dies unter Berufung auf die Online-Ausgabe der New York Times. Warum  die das hätten wissen sollen, und warum im betreffenden Hotel in Zürich die amerikanischen Journalisten bereits warteten und live twitterten, verstehe jemand anderer. Und wie ein anständiges und sachliches Strafverfahren unter solchen Umständen überhaupt möglich sein könnte, muss rätselhaft bleiben.

Aber nicht nur die US-Staatsanwaltschaft, sondern auch unser eigenes Bundesamt für Justiz war medial sehr rührig. Bereits am Donnerstag morgen hatte es eine Medienmitteilung veröffentlicht, die mit einem “Hinweis an die Medienschaffenden” endete, worin angekündigt wird, man werde im Laufe des Tages eine weitere Medienmitteilung veröffentlichen, u.a. mit den Namen der Betroffenen. Genau das hat es denn am Mittag auch getan, wie die NZZ vermeldet, die beide Texte im Wortlaut wiedergibt.

Daran sieht man wieder einmal, dass Medien und Medienfreiheit ganz unerlässlich sind für eine freie Gesellschaft. Wenn wir schon allumfassend überwacht und ausspioniert werden, dann wollen wir wenigstens sagen dürfen, was uns gerade in den Sinn kommt. Dies umso mehr, als durch die permanente Spitzelei ja ohnehin alle, die gefährlich sein könnten, gar nichts mehr zu sagen wagen. Phantastisch, diese grenzenlose Freiheit so zu sein, wie alle anderen.

Religionen verschiedener Prägung

Als Antwort auf religiös induzierten Terrorismus zum einen die Aufforderung zu beten (Twitter Hashtag #prayforparis), zum anderen die Ankündigung neuerlicher Einschränkungen von Grundrechten.

Deutlicher kann man nicht machen, warum das Phänomen Terror entsteht und warum wir es nicht in den Griff bekommen.