Filifjonka hat hier schon verschiedentlich über das Weinen geschrieben (etwa hier, oder hier, aber auch hier). Ich will all dem überhaupt nicht widersprechen, ich will aber danach fragen, warum denn Weinen kein gangbarer Weg, keine akzeptable Antwort sei, denn auf den ersten Blick scheint ja das Weinen an sich doch positiv, eine ehrliche Gefühlsäusserung, und zudem eine, in der sich der Weinende schwach und verletzlich zeigt, also ein Akt besonderen Vertrauens zu denjenigen, vor denen er weint, und damit auch besonderer Stärke. Nicht selten ist denn auch die Schwierigkeit, das Weinen zuzulassen, als Verkrüppelung gezeichnet worden, als Unfähigkeit, Schwäche zuzulassen. Das mag richtig sein, doch trifft es nicht das Richtige, das Wichtige. Borges hat natürlich – wie so häufig – völlig recht mit seiner Ablehnung des Weinens, des Weinenden, das spürst Du instinktiv, auch wenn es Dich verletzen mag. Die Gründe dafür sind nur schwer auszumachen oder zu umschreiben, aber vielleicht hilft ein Bild: Wenn wir über eine schmerzhafte Erfahrung sprechen, dann kann es passieren, dass uns dabei die Stimme versagt. Und dies ist, was gegen das Weinen spricht: Es schliesst uns ein in unseren Tränen. Es macht uns noch einsamer als wir es ohnehin schon sind. Tränen scheinen uns zu verbinden mit der Welt, mit den anderen, aber sie trennen uns von ihnen. Tränen sind nicht Schleier, hinter denen wir uns verstecken, die uns sanft und fürsorglich schützen, sondern Mauern, Mauern, die uns einschliessen in uns selbst und unserem Schmerz.
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