Rage, rage against the dying of the light

Und noch ein absolutes Highlight. Auch Dylan Thomas (1914-1953), der walisische Dichter, der sich zu Tode trank, wird bei uns leider viel zu wenig gelesen. Sein vielleicht bestes Gedicht überhaupt:

Do not go gentle into that good night

Do not go gentle into that good night,
Old age should burn and rave at close of day;
Rage, rage against the dying of the light.

Though wise men at their end know dark is right,
Because their words had forked no lightning they
Do not go gentle into that good night.

Good men, the last wave by, crying how bright
Their frail deeds might have danced in a green bay,
Rage, rage against the dying of the light.

Wild men who caught and sang the sun in flight,
And learn, too late, they grieved it on its way,
Do not go gentle into that good night.

Grave men, near death, who see with blinding sight
Blind eyes could blaze like meteors and be gay,
Rage, rage against the dying of the light.

And you, my father, there on the sad height,
Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray.
Do not go gentle into that good night.
Rage, rage against the dying of the light.

 

Eulenspiegel

und weil’s so schön war, hier nochmals ein Ausschnitt:

Von seinem Tod berichten vier Überlieferungen:

Nach der ersten wurde er in Sangerhausen von Bauern erschlagen, als er ihnen ihre bevorstehende Niederlage im Kampf gegen die Fürsten wahrheitsgemäss voraussagte und sich weigerte, mit ihnen gegen Mühlhausen zu gehen.

Nach der zweiten entkam er den Knüppeln der Bauern, wurde von den Soldaten des Herzogs von Sachsen in Mühlhausen aufgegriffen und als Späher der aufständischen Bauern im Narrenkostüm auf dem Marktplatz erhängt.

Nach der dritten Überlieferung rettete ihn der Herzog Georg von Sachen, nachdem Eulenspiegel die Bürger der Stadt mit seinen Verrenkungen unter dem Galgen vor Lachen fast um den Verstand gebracht hatte, liess ihn zur Siegesfeier auf sein Schloss bringen und zu Tode kitzeln, als Eulenspiegel kein Witz über die Dummheit der Bauern mehr einfiel.

Nach der vierten entkam er den betrunkenen Fürsten, ginge vier Jahre lang unerkannt durch das Land, die Bauern zur Tötung des Verräters Eulenspiegel aufrufend und wurde schliesslich vor dem Grabstein, den die Bürger der Stadt Mölln dem unsterblichen Clown Eulenspiegel gesetzt hatten, von Kindern wegen der Verhöhnung ihres totgeglaubten Helden erstochen.

Thomas Brasch: Eulenspiegel, in: Vor den Vätern sterben die Söhne, Bibliothek Suhrkamp 1355, Berlin 2012 [urspr. 1977], 123

Nicht weinen, schrie Fastnacht

Ich halte es nicht mehr aus, sagte Frau Fastnacht. Seit du aus Meissen zurückbist, hast du nicht ein einziges Mal mit mir geschlafen. Was ist los mit Dir?

Was soll ich sagen.

Meinst Du, ich weiss nicht, schrie Frau Fastnacht, dass du jede Nacht aufstehst und auf der Toilette onanierst wie ein Zehnjähriger. Ich will nicht nicht darüber reden, sagte Fastnacht.

Aber ich, sagte Frau Fastnacht und begann zu weinen. Wen habe ich ausser dir. Mit wem kann ich denn darüber sprechen. Soll ich es den Frauen im Büro erzählen und dich schlecht machen, wie es die anderen mit ihren Männern tun?

Nicht weinen, sagte Fastnacht.

Nicht weinen, schrie Fastnacht.

Thomas Brasch: Fastnacht, in: Vor den Vätern sterben die Söhne, Bibliothek Suhrkamp 1355, Berlin 2012 [urspr. 1977], 104

Nicht (und nichts) bereuen, sondern verzeihen!

Je concevais qu’il ne faut rien regretter de ce qui est irréparable, qu’en un mal sans remède, comme dit Malherbe, il n’en faut pas chercher et que se repentir d’une faute, c’est ajouter proprement à un mal un mal pire encore. Il faut se pardonner beaucoup à soi-même pour s’habituer à pardonner beaucoup à autrui.

Anatole France: Le petit Pierre, Paris 1918, p. 325

Hat der Mann den Nobelpreis nicht zurecht bekommen?

Selbsterkenntnis als Belastung

Incrédule à l’oracle de Delphes, loin de chercher à me connaître moi-même, je me suis toujours efforcé de m’ignorer. Je tiens la connaissance de soi comme une source de soucis, d’inquiétude et de tourments. Je me suis fréquenté le moins possible. Il m’a paru que la sagesse était de se détourner de soi-même, de s’oublier soi-même, ou de s’imaginer autre qu’on n’est et par la nature et par la fortune. Ignore-toi toi-même, c’est le premier précepte de la sagesse.

Anatole France: Le petit Pierre, Paris 1918, p. 316

Und nochmals Brasch

Regen

Wenn er das Land nässt, die Kinder,
Bäume und Häuser, denke ich manchmal:
Es sind die Tränen der Toten über ihr
fast schon vergessenes Leben.
Kommt sein Ende jedoch, plötzlich
wie er kam, muss es wohl ihre Einsicht sein.

Die nennen das Schrei
Thomas Brasch
Suhrkamp 2013 exlibris.ch